TP4: Was frustriert die Gewinner? Entstehungsbedingungen dissidenter Großmachtpolitik
Das Projekt untersucht, unter welchen Bedingungen und aus welchen Beweggründen aufsteigende Großmächte zu dissidentem Verhalten übergehen, also zu radikalem Widerspruch gegen Institutionen und den darin verkörperten Normen. Damit werden bewusst die Akteure in den Blick genommen, welche das größte Potential für wirksamen Widerstand gegen eine internationale Ordnung hätten. Diese Fragestellung erscheint nicht zuletzt deshalb interessant, weil aktuell mit China und Indien die beiden bevölkerungsreichsten Staaten wirtschaftlich stark aufholen und sich deshalb mit besonderer Brisanz die Frage stellt, was sie zu dissidentem Verhalten motivieren könnte. Aus Sicht etablierter Theorien der internationalen Beziehungen ist die Eingangsfrage nicht einfach zu beantworten, weil gerade die erfolgreichen Aufsteiger kein Interesse daran haben müssten, einen riskanten Kampf gegen die zeitgenössische Ordnung vom Zaun zu brechen, die es ihnen erlaubte, den Macht- und Entwicklungsvorsprung der etablierten Mächte zu verringern. Aufschluss über die entscheidenden Motivlagen könnten hingegen Theorien bieten, die wie die lateral pressure theory oder sozialpsychologische Identitätstheorien an den wachsenden Rohstoff- bzw. Statusbedürfnissen aufsteigender Mächte ansetzen. Deshalb wird mit Hilfe eines Methodenmix aus Prozessanalyse sowie Fall-internen und -übergreifenden Vergleichen untersucht, welche besonderen Prozessmuster und Variablen im vergangenen Jahrhundert den Übergang zu dissidenter Großmachtpolitik bestimmt haben.
Einzelprojekt gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Beteiligte Personen:
Reinhard Wolf | Lena Jaschob | Carsten Rauch | Iris Wurm